Berufsorientierung: Praktika in Zeiten von Corona
Schüler und Studenten in Deutschland werden seit dem Ausbruch des Covid-19-Virus im März 2020 als große Verlierer der Pandemie gesehen. Das liegt vordergründig an den erschwerten Bedingungen im Bereich Bildung und Berufsorientierung. So wurden im vergangenen Jahr sämtliche Schulen immer wieder für bestimmte Zeit und Fachhochschulen sowie Universitäten sogar auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Nicht nur das Bildungssystem, sondern auch die Wirtschaft, vor allem Branchen wie das Gastgewerbe und der Tourismus leiden stark unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Daraus ergibt sich ein deutschlandweiter Rückgang angebotener Stellen auf dem Arbeitsmarkt und ein prägnantes Unterangebot an Studentenjobs und Praktikumsstellen.
Die Bedingungen, Praktikumsplätze zu finden, sind derzeit erschwert. Das liegt vermutlich auch an den eher zurückhaltenden Unternehmen und Betrieben, die angesichts der Krise momentan kein finanzielles oder gesundheitliches Risiko eingehen möchten oder durch eingeschränkte Geschäftstätigkeit keine Kapazitäten für Praktikanten haben. In bestimmten Branchen kam es durch die Lockdown-Maßnahmen sogar zum Stillstand, sodass Schüler und Studenten nicht die Möglichkeit haben, in Berufe wie Veranstaltungskaufmann/-frau oder Restaurantfachmann/-frau hineinzuschnuppern. Doch was sagen die Zahlen und Fakten zum Praktikumsmarkt?
Praktikumsstellen.de misst starken Rückgang an Praktika
Die Praktikumsbörse https://www.praktikumsstellen.de/ hat die Auswirkungen der Corona-Krise auf das Angebot an freien Praktikumsplätzen anhand seiner Daten untersucht. In Bezug auf die Entwicklung im Jahr 2020 wurde Mitte März ein starker Rückgang angebotener Praktika gemessen, wobei sich die Anzahl freier Stellen seit Juli vergangenen Jahres wieder etwas erhöht hat. Insgesamt verzeichnete die Praktikumsbörse im Vergleich zum Vorjahr 2019/2020 einen Rückgang um etwa 30-35 %.
Die Auswertung ergibt, dass insgesamt etwa die Hälfte aller deutschlandweiten Praktikumsplätze und Stellenangebote für Studenten und Schüler weggebrochen ist. Das zeigt sich unter anderem an vermehrten Suchanfragen auf praktikumsstellen.de im Vergleich der Jahre 2019/2020 und 2021, die sich als erfolglose Versuche von Schülern und Studenten in der Ausbildungsvorbereitung erweisen. So gab es zunächst zu Beginn der Pandemie im März 2020 einen starken Einbruch der Suchanfragen, welcher vermutlich auf die geringen Erwartungen von Schülern und Studenten zurückzuführen ist, überhaupt einen Praktikumsplatz in Zeiten des ersten Lockdowns zu finden. Erst zum Sommer letzten Jahres wurde eine Art Aufholeffekt durch verstärkte und verzweifelt scheinende Suchanfragen sichtbar.
Das Angebot an Praktikumsstellen im deutschlandweiten Vergleich
Anhand der Daten wird deutlich, dass das Angebot an Praktika im Vergleich zu allgemeinen Stellenausschreibungen am stärksten von den Corona-bedingten Einschränkungen betroffen ist. Allerdings gibt es hier eindeutige regionale Unterschiede. Im deutschlandweiten Vergleich der Jahre 2020 und 2021 zeigt sich in den Großstädten Berlin (-48 %), Frankfurt am Main (-49 %) und Dortmund (-57 %) der stärkste Rückgang an angebotenen Praktikumsstellen. Die Städte Dresden (-23 %), Leipzig (-18 %) und Köln (-18 %) scheinen hingegen am wenigsten betroffen zu sein.
Branchenübersicht: Diese Berufe sind am stärksten betroffen
Neben regionalen Unterschieden hat die Pandemie weitreichende Folgen für Branchen und Unternehmen in Deutschland mit sich gebracht. Die Wirtschaft hat seit dem Ausbruch des Virus im Frühjahr 2020 nicht nur mit einem Umsatzrückgang zu kämpfen, sondern mit einem kompletten Stillstand in bestimmten Branchen. Durch die Einschränkungen des Reiseverkehrs und die zeitweise Schließung des Gastgewerbes wurde hier ebenso wie in der Kultur- und Kreativwirtschaft bereits Ende letzten Jahres mit einem Umsatzrückgang um über 90 % im Gesamtjahr 2020 gerechnet.
Das hatte zur Folge, dass insbesondere Berufe im Bereich Tourismus, Hotel und Gastronomie sowie in der Veranstaltungs- und Eventbranche gänzlich als mögliche Anbieter von Praktikumsstellen weggefallen sind und Schüler und Studenten in diesem Bereich keine Angebote zur Berufsorientierung wahrnehmen konnten. Zu erwarten ist ein weiter anhaltender Mangel an Praktikumsangeboten, der sich stark auf die Möglichkeiten zur Berufsorientierung der jungen Generation auswirkt. Doch wo gibt es in Zeiten von Lockdown, Kontaktverbot und Homeoffice noch Chancen auf ein Schülerpraktikum in der 9. Klasse oder ein Pflichtpraktikum in den Semesterferien?
In diesen Branchen sind Praktika auch in Corona-Zeiten möglich
Aufgrund der weltweiten Ausbreitung des Corona-Virus und anhaltenden Einschränkungen in allen Lebensbereichen haben so gut wie alle Branchen mit finanziellen Einbußen zu kämpfen. Die beliebtesten Branchen bei Arbeitnehmern in Deutschland sind Autohersteller, Informatik-Consulting und Maschinenbau. Diese Bereiche verzeichnen zwar auch einen Umsatzrückgang, allerdings ist die Geschäftstätigkeit meist nicht stark eingeschränkt. Somit können hier weiterhin Ausbildungen begonnen und Praktika absolviert werden. Doch welche Branchen profitieren von der Corona-Krise und haben somit womöglich ein erhöhtes Angebot an Praktikumsstellen?
Während Unternehmen in einigen Branchen ums Überleben kämpfen, wird in anderen händeringend nach Nachwuchsfachkräften gesucht. Insbesondere systemrelevante Berufe wie Pflegefachmann/-frau sind derzeit noch wichtiger als vor der Pandemie. Im Allgemeinen sind die folgenden Branchen aufgrund ihrer Relevanz momentan die Gewinner der Krise:
- Lebensmittelhandel und Drogerien
- Onlinehandel und Lieferdienste
- Logistikunternehmen und Paketdienste
- Pharmaindustrie und Medizintechnik
- Online Dienste und Softwareunternehmen
Berufliche Orientierung ist für Schüler und Studenten in diesen Branchen derzeit einfacher als in allen anderen Bereichen, da hier ein Mangel an personellen Ressourcen vorliegt. Somit ist das Angebot an Praktikumsstellen in Zeiten der Pandemie zwar deutlich eingeschränkt, allerdings eröffnen sich in bestimmten Berufen neue Möglichkeiten. Schüler und Studenten müssen in Hinblick auf Praktika flexibler sein und können sich durchaus auch initiativ bei Unternehmen und Betrieben bewerben.
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