Als „guter Nachbar“ wollte sich der schwedische Möbelhersteller IKEA mit seinem Store am Wiener Westbahnhof präsentieren. Für die Planung des knapp 30.000 m2 großen Neubaus hieß dies: Gewünscht war keine der sonst üblichen, hermetisch abgeschlossenen „blauen Boxen“ des Bauherrn, sondern ein offenes, urbanes und zukunftsgewandtes Haus. Es galt, Präsenz zu zeigen in dem neuen Büro- und Einkaufsquartier, das in den letzten Jahren rund um den historischen Kopfbahnhof entstanden ist – eine Präsenz, die sich vor allem auf Architekturqualität stützt und weniger auf plakative Farbgebung und übergroße Logos. 2017 lobte der Konzern daher einen mehrstufigen Architektenwettbewerb aus, in dem das Wiener Büro querkraft Architekten den Sieg davontrug. Vier Jahre später wurde der Neubau in Betrieb genommen.
„Es war eine außergewöhnliche Zusammenarbeit mit einem mutigen Auftraggeber“, resümiert Jakob Dunkl, einer der drei Inhaber von querkraft Architekten. „Die Vorgaben der Stadt Wien waren herausfordernd: Das Gebäude sollte 100 % autofrei sein – noch nicht einmal Mitarbeiterparkplätze durfte es geben – und auf dem Dach eine öffentlich zugängliche Dachterrasse haben. IKEA hat das nicht nur umgesetzt, sondern war auch bei anderen Dingen sehr offen für Vorschläge. Auch die Zurückhaltung in Sachen Corporate Design ist bemerkenswert: Am Gebäude sind heute wesentlich weniger Blau und Gelb zu sehen und die IKEA-Logos sind viel kleiner, als wir selbst das im Wettbewerb vorgeschlagen hatten.“
Dreidimensionaler Stadtpark mit 160 Bäumen
Mit ihrem Entwurf haben die Architekten ein Bild geschaffen, welches Assoziationen mit dem IKEA-Produktprogramm nahelegt: ein siebengeschossiges Stahlregal, abwechselnd gefüllt mit geschlossenen, an der Vorderseite verglasten Kuben und offenen Fachböden aus Gitterrosten, auf denen große Topfpflanzen platziert sind. Sonja Mitsch, Projektleiterin bei querkraft Architekten, erläutert das Konzept: „Für den Neubau wurde ein Gründerzeitgebäude der Österreichischen Bundesbahn abgerissen, das größtenteils leer stand. Wenn man nun die Anwohner fragt: ‚Was wünscht Ihr Euch an dieser Stelle?‘ würden die meisten von ihnen wahrscheinlich antworten: ‚Einen Park!‘ Mit dem neuen City IKEA Store haben wir ihnen einen dreidimensionalen Park gegeben, in dem noch mehr Bäume wachsen als auf einer ebenerdigen Grünfläche gleicher Größe.“
Insgesamt 160 Bäume wachsen auf und am Gebäude in bis zu 1,90 m hohen Blumentöpfen aus weiß lackiertem Stahl. Jeder von ihnen wird von einer automatischen, sensorgesteuerten Bewässerungsanlage versorgt, um auf den individuellen Wasserbedarf reagieren zu können.
Bei der Auswahl der Pflanzen orientierten sich die Landschaftsarchitekten Kräftner Landschaftsarchitektur und Green4Cities GmbH zum einen daran, welche Arten im Wiener Stadtklima am besten gedeihen, und zum anderen an der Vegetation Südschwedens, der Herkunftsregion des IKEA-Konzerns. Mit dem Begrünungskonzept avanciert der erste City Center IKEA zum ersten Gebäude überhaupt, das die Platinum-Stufe im Zertifizierungssystem GREENPASS erreicht. Dabei werden begrünte Gebäude und Stadtquartiere anhand von sechs Themen- und drei Bonusfeldern bewertet, darunter Wasser, Klima und Luft, aber auch Biodiversität, Energie und Kosten. Bestnoten erreicht der Neubau auch im Gebäudezertifizierungssystem BREEAM mit der Zertifizierungsstufe „Excellent“. Der Effekt des Grünkonzepts auf das Stadtklima lässt sich auch quantitativ bemessen: Computersimulationen des Planungsteams zufolge senken die Bäume die Lufttemperatur rund um das Gebäude an typischen Hitzetagen um bis zu 1,5 °C auf Fußgängerniveau. Bei der gefühlten Temperatur, für die auch die Wärmeabstrahlung der Oberflächen eine Rolle spielt, ist der Effekt sogar noch größer.
Viele Nutzungen unter einem Dach
Zum Nachhaltigkeitskonzept gehört auch, dass sich IKEA sein Einrichtungshaus mit anderen Nutzern teilt. In das 5. und 6. Obergeschoss ist das Hostel Jo&Joe mit 345 Betten eingezogen und im Erdgeschoss sind an der Südseite kleinere Flächen für Einzelhändler entstanden, welche großteils zuvor schon am selben Standort im Gründerzeithaus ansässig waren. Hier führt der Neubau die Ladenzeile entlang der Mariahilfer Straße fort; gleichzeitig bildet er deren markanten Abschluss Richtung Westbahnhof und Wiener Gürtel.
Den wohl größten Anziehungspunkt für die Öffentlichkeit haben die Architekten jedoch auf dem Dach geschaffen. Hier setzt sich das eindrucksvolle, weiß lackierte Stahlskelett als offene Pergola fort, die hier und da gefüllt ist mit schattenspendenden Lamellen und Solarpaneelen. Darunter erstreckt sich eine öffentlich zugängliche Terrasse über die ganze Dachfläche. Von hier aus können Besucher die Blicke schweifen lassen über die Wiener Innenstadt und die Hügelketten rund um die österreichische Hauptstadt.
Pfosten-Riegel-Fassade bringt Sicherheit und Flexibilität
Außer durch das Atrium gelangen die Besucher auch über eine Außentreppe und mehrere Aufzüge zur Dachterrasse. Diese sind ebenso wie die Fluchttreppen und die Steigschächte für die Technik in das außen liegende Stahlskelett integriert. Dadurch wurden im Inneren des Gebäudes bis zu 50 x 60 m zusammenhängende Geschossfläche ohne Treppenhäuser und aussteifende Gebäudekerne frei. „Das ist ein ähnliches Prinzip wie beim Centre Pompidou in Paris – einem Gebäude, das wir sehr bewundern“, sagt Jakob Dunkl. „Mit dem Unterschied, dass wir die Technik weniger aufwändig inszenierten.“
Für die eigentliche Gebäudehülle hinter dem Stahlregal wurde das mit Cradle to Cradle Silber zertifizierte Pfosten-Riegel-System FWS 50.SI von Schüco gewählt. Darin wechseln sich Glasflächen mit geschlossenen Paneelen ab, die außen mit weißem Stahlblech und innen mit Gipskartonplatten verkleidet sind. „Die Pfosten-Riegel-Fassade war ein Vorschlag des Generalunternehmers“, erinnert sich Jakob Dunkl. „Gegenüber der Sonderanfertigung, die wir ursprünglich im Sinn hatten, bietet sie viele Vorteile – etwa hinsichtlich Dichtigkeit und Gewährleistung. Außerdem ist das System flexibel genug, dass der Bauherr relativ spät noch entscheiden konnte, wo er geschlossene Paneele platzieren wollte und wo Glasflächen.“
Sonja Mitsch ergänzt: „Alle Fassaden am Gebäude wurden mit Schüco Systemen realisiert. Wir haben uns dafür entschieden, weil wir bei Schüco die Gewissheit haben, dass sich die großen von uns gewünschten Glasflächen auch umsetzen lassen.“ Mit ALUKÖNIGSTAHL aus Wien stand den Architekten ein Partner an der Seite, der kompetente Beratung hinsichtlich Fassadentechnik und Brandschutz leistete und mit Jansen Stahlsystemen und Schüco Aluminiumsystemen ein qualitativ hochwertiges Sortiment aus einer Hand zur Verfügung stellen konnte.
Schaufenster für das Einrichtungshaus, Lüftungsflügel für das Hostel
Groß sind vor allem die Verglasungen in den Erkern, die aus dem Gebäude in das Stahlregal hinauskragen – die Architekten nennen sie „add-ons“. Ihre verglasten Frontseiten bilden gleichermaßen die Schaufenster von IKEA. Jeweils 8 m breit und 3 m hoch, setzen sie sich lediglich aus drei Glasfeldern zusammen. Die nur 50 mm breiten Profile des Systems Schüco FWS 50 bilden dazwischen eine kaum sichtbare Zäsur.
Im Bereich des Hostels in den oberen Etagen sind die Glasflächen kleinteiliger gegliedert. Auch bei der weiter innen liegenden Pfosten-Riegel-Fassade gibt es Unterschiede: In den IKEA-Geschossen bieten nur einzelne Fenstertüren vom Typ Schüco AWS 75.SI+ – integriert als Einsatzelemente in die Pfosten-Riegel-Fassade – Zugang zu den Balkonen. Im Hostel hingegen gibt es zahlreiche manuell zu öffnende Fenster aus dem gleichen Schüco System. Sie sind mit einer Drehsperre versehen, lassen sich also nur kippen. Das hat vor allem Sicherheitsgründe: Längst nicht alle Balkone sind zugänglich, die meisten haben keine Geländer und dienen als Aufstellort für die Topfpflanzen.
Große Spannweiten für offene Räume
Die Offenheit, die das Haus nach außen signalisiert, setzt sich auch im Inneren fort. Hier belegt IKEA mit seinen Ausstellungsflächen, der Warenanlieferung und dem obligaten Restaurant die vier unteren Ebenen. In einem zentralen Atrium zirkulieren Rolltreppen bis hinauf ins 4. Geschoss. Weiter nach oben ins Hostel und zur Dachterrasse geht es über herkömmliche Treppenläufe oder alternativ mit dem Lift.
An die Stelle des 4,50 m tiefen Stahlregals tritt im Inneren des Hauses ein Stahlbetonskelett mit rund 10 m Spannweite. Durch die großen Stützenabstände lassen sich die Flächen flexibel nutzen und immer wieder anders möblieren. Sichtbetondecken mit offen geführten Leitungen, Böden aus flügelgeglättetem Beton und Estrich ohne zusätzlichen Belag, weiß lackierter Stahl und viel Glas sind die dominanten Materialien in den Innenräumen.
Zur Weitläufigkeit der Innenräume trägt auch das Brandschutzkonzept bei: Der Eingangsbereich und das Atrium bilden mit dem 2. und 3. Obergeschoss einen zusammenhängenden Brandschutzabschnitt. Das 1. Obergeschoss lässt sich durch Feuerschutzvorhänge im Brandfall von dem großen vertikalen Luftraum trennen.
Sicherheit und Transparenz kombiniert
Im Hostel kombinierten die Architekten wirksamen Brandschutz mit größter Transparenz: Eine geschosshohe Pfosten-Riegel-Fassade aus Stahl vom Typ Jansen VISS Fire TVS EI60 bietet hier rund um das Atrium einen 60-minütigen Brandwiderstand. Darin sind Stahl-Brandschutztüren Janisol 2 EI30 und Janisol C4 EI60 integriert. Eine Etage höher umgeben überwiegend weiße, geschlossene Wände das Atrium. Lediglich einzelne Brandschutz-Festverglasungen vom Typ Schüco ADS 80 FR 60 bieten hier eine Blickverbindung aus dem Hostel in den großen Luftraum.
Während die rund 50 m tiefen Gebäudegrundrisse für das Einrichtungshaus günstig waren, bedeuteten sie für den Betrieb des Hostels eine Herausforderung. Um auch die innen liegenden Bereiche ausreichend zu belichten, fügten die Architekten neben dem großen, über alle Geschosse durchgehenden Atrium zwei zweigeschossige Innenhöfe und einen weiteren dreigeschossigen Innenhof in das 5. und 6. Obergeschoss ein. Auch sie sind von Pfosten-Riegel-Fassaden Schüco FWS 50.SI umgeben – hier allerdings teilweise mit Brandschutzfunktion, um einen Brandüberschlag quer durch den Innenhof auszuschließen.
Keine Brandschutzfunktion musste das Glasdach über dem Atrium haben. Umso wichtiger ist es jedoch für die Entrauchung des Gebäudes. Hier wählten die Architekten das Aufsatzsystem Schüco AOC 50 ST auf einer Unterkonstruktion aus Stahl-Rechteckrohren. Darin integriert sind zwei Öffnungsflügel für den Rauch- und Wärmeabzug, die sich im Brandfall automatisch öffnen.
Bautafel
Projekttitel: IKEA Wien Westbahnhof – City Center, Wien
Bauherr: IKEA Einrichtungen Handelsges.m.b.H.
Architekten: querkraft Architekten, Wien
Statik: Thomas Lorenz ZT GmbH
Statik Wettbewerb: Werkraum Ingenieure
Bauphysik: Ingenieurbüro P. Jung
Landschaftsarchitektur: Kräftner Landschaftsarchitektur, Green4Cities GmbH, Wien
Schüco/Jansen Lizenzpartner: ALUKÖNIGSTAHL GmbH
Bruttogrundfläche: 29.480 m2
Nutzfläche: 26.200 m2
Fertigstellung: August 2021
Aluminium-Systeme im Objekt:
Pfosten-Riegel-Fassade Schüco FWS 50.SI
Fenstersystem Schüco AWS 75.SI+
Aufsatzkonstruktion auf Stahl Schüco AOC 50 ST
Türsystem Schüco ADS 75.SI
Innentüren Schüco ADS 65 NI
Brandschutzverglasungen Schüco ADS 80 FR 60
Brandschutztüren Schüco ADS 80 FR 30 und Schüco ADS 65 NI FR 30
Stahlsysteme im Objekt:
Brandschutzverglasungen Jansen VISS Fire TVS EI60
Brandschutztüren Jansen Janisol C4 EI60 und Jansen Janisol 2 EI30
Systemlösungen für Fenster, Türen und Fassaden
Die Schüco Gruppe mit Hauptsitz in Bielefeld entwickelt und vertreibt Systemlösungen aus Aluminium, Stahl und Kunststoff für Gebäudehüllen. Zum Produktportfolio gehören Fenster-, Tür-, Fassaden-, Lüftungs-, Sicherheits- und Sonnenschutzsysteme. Intelligente und vernetzbare Produkte runden das Angebot für Wohn- und Objektbauten ab. Darüber hinaus bietet Schüco Beratung und digitale Lösungen für alle Phasen eines Bauprojektes – von der initialen Idee über die Planung, Fertigung und Montage bis hin zum After Sales Service mit Wartung und Instandhaltung. Ergänzt wird das Portfolio durch Maschinen zur Fertigung und einen kundennahen Service. Nachhaltigkeit ist dabei signifikanter Bestandteil des Geschäftsmodells. So ist beispielsweise die zirkuläre Bauwirtschaft mit geschlossenen Wertstoffkreisläufen einer von sechs definierten Nachhaltigkeitsschwerpunkten. 1951 gegründet, ist das Unternehmen heute in mehr als 80 Ländern aktiv und hat mit 6.330 Mitarbeitenden in 2021 einen Jahresumsatz von 1,995 Milliarden Euro erwirtschaftet. Weitere Informationen unter www.schueco.de
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