Krankengeldzahlungen und Versichertenschutz

Das Bundessozialgericht hat am 21. September 2023 ein bahnbrechendes Urteil gefällt, das die Rechte von Versicherten im Bereich der Krankengeldzahlungen stärkt und gleichzeitig die Verantwortung der Krankenkassen hervorhebt. Unter dem Aktenzeichen B 3 KR 11/22 R wurde ein Präzedenzfall geschaffen, der Versicherten das Recht auf fristgerechte Ausstellung von Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigungen zusichert, selbst wenn sie ohne vorherige Terminvereinbarung am letzten Anspruchstag persönlich die Arztpraxis aufsuchen.

Der Fall, der zu diesem Urteil führte, drehte sich um eine Klägerin, geboren im Jahr 1966, die Krankengeld durch ihre gesetzliche Krankenversicherung (GKV) erhielt. Nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch ihren Arzt endete diese am Sonntag, den 17. Juni 2018. Am darauffolgenden Tag begab sie sich ohne Termin in die Praxis ihres Hausarztes, um sich weiterhin krankschreiben zu lassen. Das Praxispersonal verwies sie auf den 20. Juni aufgrund eines hohen Patientenaufkommens und versicherte ihr, dass dies keine Auswirkungen auf die Krankengeldzahlung haben würde.

Der gesetzliche Krankenversicherer der Klägerin widersprach dieser Ansicht und argumentierte, dass die lückenlose Ausstellung der Folgebescheinigung nicht gewährleistet wurde. Sowohl die Vorinstanzen als auch das Bundessozialgericht teilten diese Auffassung nicht und sprachen der Versicherten eine fortlaufende Krankengeldzahlung zu.

Das Gericht betonte, dass eine durchgehende Arbeitsunfähigkeits-Feststellung für die Bewilligung von Krankengeld erforderlich sei. Allerdings könne ein Versicherter seinen Anspruch wahren, wenn er ohne Terminvereinbarung am ersten Tag nach der festgestellten Arbeitsunfähigkeit die Arztpraxis zu den üblichen Öffnungszeiten aufsucht, um eine Folgefeststellung zu erhalten.

Besonders signifikant ist die Tatsache, dass der Klägerin seitens des Praxispersonals zugesichert wurde, dass eine verspätete Ausstellung der Folgebescheinigung keine Auswirkungen auf die Krankengeldzahlung haben würde. Das Gericht erkannte diese Zusage als bindend an und stufte falsche Aussagen des Praxispersonals als Mitverantwortung der Krankenkassen ein, da diese maßgebliche Akteure im Gemeinsamen Bundesausschuss sind und an dessen Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien mitwirken.

Dieses wegweisende Urteil stärkt die Rechte von Versicherten und unterstreicht gleichzeitig die Verantwortung der Krankenkassen im Prozess der Arbeitsunfähigkeits-Feststellungen. Es gewährleistet, dass Versicherte nicht unnötig benachteiligt werden, wenn sie sich auf Zusicherungen von Praxispersonal verlassen, und etabliert klare Leitlinien für die lückenlose Feststellung von Arbeitsunfähigkeit. Dieser Präzedenzfall wird zweifellos weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung und das Versicherungswesen haben.

Von Engin Günder, Fachjournalist

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